40 Jahre Versöhnungskirche

Rundgang - Entdecken Sie Altbekanntes ganz neu

erstellt am 13.02.24 Kategorie(n): Kirche erleben

40 Jahre Versöhnungskirche

Am Sonntag "Invokavit" vor 40 Jahren wurde die Versöhnungskirche feierlich eingeweiht. Machen Sie einen Rundgang und lernen Sie die Symbolsprache unseres Kirchenbaus kennen.

Der Kirchbau, wie wir ihn heute sehen, ist eine „Sparlösung", der Tatsache geschuldet, dass nur bescheidene Mittel zum Bau zur Verfügung standen. Der durchführende Architekt und zugleich Mitglied des Kirchenvorstandes Rudolf Neumann hatte sich größte Mühe gegeben, mit wenigen Mitteln einen sakralen Bau zu erstellen – unsere Versöhnungskirche. Der Grundriss ist als Achteck (Oktogon) gestaltet, eine Bauform bereits aus der frühen Christenheit. Die daraus resultierende Dachform erinnert an ein Zelt (Jurte), ein "Provisorium" also, im Sinne von Hebräer 11: Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Wesentliche Elemente wurden von Hans-Helmuth von Rath entworfen, Kunstmaler aus Bad Salzuflen: Der Grundstein, das Kreuz auf dem Dach, der Wandteppich, die Kirchenfenster, der Altar, die Altarbehänge, die Kanzel und der Taufstein. Wer anders als der Künster selbst könnte die Innenausstattung der Versöhnungskirche besser erklären?

Folgen wir ihm auf seinem Rundgang durch die Kirche:

Hans-Helmuth von Rath: "Ein bemerkenswertes Werk der Gemeinsamkeit" (Zur Kirchweih am 11. März 1984)

"Der Besucher der Versöhnungskirche wird im Vorraum begrüßt und verabschiedet durch ein bemerkenswertes Werk der Gemeinsamkeit. Es ist ein zwölfteiliger Bildteppich (240 cm hoch und 180 cm breit), den zwölf Frauen der Kirchengemeinde nach einem Entwurf von Hans-Helmuth von Rath angefertigt haben.

Die Bildaussage ist das Glaubensbekenntnis. Es wird durch leicht ablesbare Zeichen (wie bei den alten Passions- oder Hungertüchern) vor Augen gestellt. Aus der Fläche hebt sich das Kreuz hervor. Die Zahl zwölf stellt die zwölf Apostel und alle Stämme des Gottesvolkes unter dem Kreuz dar. Jeweils in der Mittelachse beginnend finden wir in den vier Bildreihen von oben nach unten:

WandteppichBild 1: Dreieck, Heilige Dreieinigkeit, Gottesauge, Schöpfung, Licht

Bild 2: Stern von Bethlehem, Milchstraße, Erde (Grün= Vegetation, Weiß = Wasser).

Bild 3: Sonne, Mond, Sterne

Bild 4: Im Schnittpunkt der Kreuzbalken das Christusmonogramm, Triumphzeichen

Bild 5: Dornenast, 7 Dornen, Teil der Dornenkrone

Bild 6: 4 Kreuznägel

Bild 7: Heiliges Abendmahl, 3 Blutstropfen, Brot, Kelch

Bild 8: Rock Christi, Würfel, 3(30) Silberlinge auf Purpurtuch (Königsmantel).

Bild 9: Auferstehung, leeres Grab, zerbrochene Grabplatte, Grabtuch

Bild 10, 11 und 12: Friedensgruß

Bild 10: Alpha und Omega Anfang und Ende, Bezug zu Bild 1, Purpur = Bezug zu Bild 5 und Bild 8

Bild 11: Der überwundene Satan, der zerrissene Drache. Den Textteil „Der Friede sei" könnte man wie ein apokalyptisches Richtwort verstehen, entsprechend dem „Es werde Licht" aus dem Schöpfungsbericht, Bild 1

Bild 12: Fisch, Christuszeichen der Urgemeinde

Grundstein

Dieser besonders auch den Kindern zugedachte Bildteppich steht im Sinnbezug zu dem in der gegenüberliegenden Wand eingemauerten Grundstein. In einem Achteck (Oktogon), dem Grundriss unserer Versöhnungskirche, wird ausgesagt:

JESUS CHRISTUS IST UNSER FRIEDE.

[Anm. d. Red.: Darum heißt die Kirche "Versöhnungskirche", denn es geht um unseren Frieden mit Gott. Ganz im Sinne von 2. Korinther 5: Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!]

Nach dem Durchschreiten des Vorraumes wird der Eintretende von dem Achteck der Versöhnungskirche spürbar umfasst. Das steile Zeltdach betont die Raummitte und weist sinnbildhaft über unsere Ebene hinaus.

Der Blick des Besuchers wird jedoch sehr bald auf den Altarbereich gelenkt, der durch seine guten Proportionen, seine Schlichtheit, durch das schon lange im Besitz der Gemeinde befindliche Bronzekreuz ("Auferstehungskreuz") und durch den neuen Altar deutlich den Gesamtraum beherrscht.

Altarraum

Es begegnet uns hier die Eigentümlichkeit, dass der Grundriss eines Zentralbaues (Oktogon) durch
die um zwei Stufen erhöhte Altarzone (Chor) verlängert ist und dadurch eindeutig gerichtet wird. Ferner entsteht durch die mögliche Öffnung der Falttüren zum Paul-Schneider-Haus ein lang gestreckter Gesamtraum, der gleichzeitig das Raumempfinden einer so genannten Wegkirche vermittelt.

Kreuz

Die Richtung des Kreuzes auf dem Kirchendach (Kreuz über der Weltkugel) ist nicht am Altar ausgerichtet sondern so gewählt, dass die sich dem Eingang nähernden Kirchenbesucher es bewusst als Gruß und Segen für sich empfinden mögen.

Der Boden der Versöhnungskirche ist insgesamt mit rötlichen Keramikplatten belegt, die den Besucher vom Eingang her begleiten. Auf diesen Bodenplatten vermitteln die dunklen Bänke das nötige optische Gewicht gegenüber dem aufstrebenden Zeltdach, das von einer Lichtpyramide bekrönt wird. Bei günstiger Sonnenstellung fällt durch dieses ein Lichtstrahl in den Kirchenraum. Dieses vom Architekten mit einbezogene Lichtspiel darf durchaus wie ein Zeichen verstanden werden, das über eine nüchterne Beobachtung des einfachen Naturereignisses hinauszuweisen vermag.

AltarDie Altarzone erhält ihre farbige Wirkung durch die verschiedenen, sehr genau abgewogenen Materialkontraste, durch die liturgischen Farben der Altarbehänge (Antependien), die weiße Altardecke, vier Bronzeleuchter und den Widerschein der beiden schmalen Seitenfenster auf der weißen Wand hinter dem Altar. So sind die Bibel auf dem Altar und das Kreuz ihrem Sinn gemäß sichtbarer Kern und Schwerpunkt des Kirchenraumes.

Die Antependien in den liturgischen Farben
grün (Schiff, Ähren),
rot (40 Flammen: 40=unendlich, Flammen=Heiliger Geist, Kreis=Gemeinde),
violett (Dornenkrone, Krone des Lebens),
weiß (Christusmonogramm und Kreuz als Siegeszeichen) werden die Gemeinde über das Kirchenjahr begleiten. Das grüne Antependium war bereits in ihrem Besitz. Die drei anderen wurden von den Frauen der Kirchengemeinde in feiner Arbeit nach einem Entwurf gefertigt.

Die Altarform wurde sehr eingehend überlegt und gestaltet. Gewisse technische Vorgaben (Statik der Decke) waren zu berücksichtigen, ebenso die nicht sehr große Grundfläche des Chores. Der Altar wurde so aufgestellt, dass der Liturg vor und auch hinter ihm ausreichend Platz findet. Wegen der Verschiedenartigkeit liturgischer Traditionen hat das seine auch praktische Bedeutung.

Das Steinmaterial (Oberkirchener Sandstein) entspricht dem warmfarbigen Material des Grundsteins und ist wie dieser im Wechsel zwischen glatten und gebeilten Flächen bearbeitet worden. Das Rechteck der gewichtigen Altarplatte wurde an den vier Ecken abgefast und dadurch zu einer achteckigen Form. Die nun betonten vier kurzen Eckflächen sind als ein Hinweis auf die vier Weltgegenden, die Ausstrahlung des Wortes und den Auftrag der Verkündigung zu verstehen.

Die glatte Oberfläche der Altarplatte ist signiert. In der Mitte weist ein kleines Kreuzzeichen die Steine des Altars ihrer Bestimmung zu, es ist jedoch unter der Altardecke verborgen.

Altarkreuz

Die Frage, wie ein nicht stets sichtbares Zeichen zu bewerten ist, könnte man auch bei den beiden Altarfenstern stellen. Zunächst sei bedacht, dass die Stellung dieser Fenster sich aus der Konstruktion des Bauwerks ergibt, dass sie deshalb aus der Mittelachse des Raumes nicht sichtbar sind. Doch kann die Notwendigkeit, dass die Aussagen dieser beiden Fenster am Altar aufgesucht werden müssen, keine Minderung bedeuten. Eher ist wohl in dieser Aufforderung ein tieferer Sinn und Wert zu erkennen.
Viele klein erscheinende Steinskulpturen sehen wir kaum mit dem bloßen Auge im Halbdunkel der riesigen Gewölbe mittelalterlicher Dome. Aber auch diese Skulpturen haben ihren Sinn und sind deshalb oft besonders fein gestaltet. Sie stehen nicht zur Schau, entscheidend ist allein ihre Anwesenheit im Kirchenraum.

Auch diese unter dem Altar der Versöhnungskirche gemeinsam mit Dokumenten und theologischen Lehrbüchern versenkte Bibel ist nicht mehr sichtbar. Sie ist jedoch parat, so der Gedanke von Herrn Pastor Tirpitz. Selbst nach einem für uns heute unausdenkbarem Ereignis könnten die Finder mit diesen Mitteln die Verkündigung des Evangeliums fortsetzen.
Gewiss ist das ein Gedanke, der nicht zu dem heutigen Fest der Kirchweih zu passen scheint. Doch die biblischen Aussagen der Glasbilder zwingen ebenfalls unser gedankliches Bemühen durch die Oberfläche des farbigen Schmuckes hindurch in die Tiefe.

Chorfenster liDer Hinzutretende wird in dem Fenster auf der linken Seite des Chores (Bild links) die Darstellung des verbrennenden Dornbusches erkennen und der dennoch in hellen Flammen zu stehen scheint. Mose begegnete Gott in der Wüste. Unbegreiflich für Mose und für uns. Er verharrte verhüllten Hauptes in Distanz.

Das Altarfenster vermittelt uns aber noch einen Hinweis: Inmitten der drei weißen Dornbuschäste (Trinität) erscheint die Dornenkrone Christi. Sie ist goldgelb vor den Flammen dargestellt, wie ein Siegeszeichen.

 

Das Fenster der rechten Altarseite Chorfenster resteht unter dem Thema „Schafft Frieden in euren Toren!", (Sacharja A.T.).

Die pfingstlichen Flammen des Heiligen Geistes durchdringen vier Gittertore und erhellen im unteren Bereich des Glasbildes eine dunkle Zone, die von Stacheldraht durchzogen ist. Das
biblische Thema erlaubt es, auch des Schicksals von Paul Schneider zu gedenken, dessen Namen ja das Gemeindezentrum trägt. Allerdings sagt dieses Zeichen, dass ohne Wirken des Heiligen Geistes die Forderung des Propheten Sacharja nicht erfüllbar ist.

 

 

 

 

 

 

 Wenden wir uns nun dem großen Fenster auf der linken Seite des Oktogons zu.

Fenster li Das Zeichen des Gottesbundes, der Regenbogen, ist als beherrschende Aussage und in Verbindung zum Namen der Versöhnungskirche zu verstehen. Der Regenbogen spannt sich über die ganze Fensterfläche und verbindet dadurch auch die Raumelemente. Zentral ist eine quadratische Zone (Quadrat = Christuszeichen) angelegt, über die hinaus der Weinstock (Christuszeichen) mit seinen drei Wurzeln (Trinität) und mit zwei kräftigen Ästen (Kreuz) greift. Die Traube mit den 12 Beeren (12 Stämme) erinnert an die große Traube aus dem gelobten Land im Alten Testament, weist aber zugleich auf den Opfertod Christi (Heiliges Abendmahl). Aus dem von einer goldgelben Zone umrahmten weißen Quadrat entspringen die vier Weltflüsse. Der Weinstock steht über der Quelle dieser Flüsse, von ihm geht alles aus.
Umgeben ist diese Zone von unterschiedlich großen Steinen, kostbaren Steinen, die das Bild des Paradieses eingrenzen und doch dessen Ausstrahlung und den Zugang ermöglichen. Dieses Sinnzeichen ist also nicht allein rückschauend ein Erinnern des Verlustes, da die Menschheit den Gottesbund nicht zu halten vermochte, sondern zugleich das Zeichen des zukünftigen Paradieses, des Himmlischen Jerusalems, das neu aus dem Himmel herabschwebt, prächtig geschmückt. Auch die dunklere Zone am unteren Bildrand wird bereits sichtbar von dem Licht erfasst.

Fenster reAuf der rechten Seite des Oktogons steht uns in dem vierten Glasbild eine weitere gute Nachricht (Evangelium) gegenüber, die sich auf die Offenbarungen des Apostel Johannes beziehen.
Beherrschend auf der Bildfläche ist die relativ kleine Form des siegreichen Lammes (Christus). Es trägt die Siegesfahne, schreitet in die Richtung unseres Altars und blickt zur Gemeinde zurück. Sein Nimbus (Heiligenschein) leuchtet goldgelb wie eine Sonne (Christus ist die Gnadensonne). Das Lamm befindet sich vor der vielgestaltigen Form eines Edelsteines. Wieder ist das Himmlische Jerusalem gemeint, umgeben von zwölf Edelsteinen (Türmen, Toren), die hier unregelmäßig angeordnet einen Vorgang, nicht eine statische Situation aussagen. Sieben große Flammen (siebenarmiger Leuchter) umgeben die paradiesische Zone.

Über die ganze Fensterfläche hinweg sind in zartblauen Farben Engelsflügel angedeutet. Gemeint ist das himmlische Heer der Engel, das im ewigen Lobpreis den Thron des Lammes umkreist.
Durchdrungen werden die Engelsflügel von vielen Strahlen, die von dem Lamm ausgehen. Rechts unten wird eine dunkle Zone (Erde) von solchen Strahlen aufgespalten. Zerrissene, feurige Flügel deuten dort den Absturz und die Vernichtung Satans an.
Die changierende, feurig-rote Fläche unterhalb der Paradieszone (Lamm) ist als das vernichtende Feuer der Endzeit, aber auch als das verströmende Opferblut Christ zu deuten. In eben diesen Gedankenkreis gehört auch der Hinweis auf das Passahfest der Israeliten im Alten Testament vor dem Auszug aus ägyptischer Gefangenschaft.

Somit ist zwischen den Themen der vier Glasbilder ein Zusammenhang zu erkennen, der jedoch nicht in geschichtlicher Folge ablesbar ist. Die Durchdringung der Betrachtungen ist gewiss nicht eine Verunklärung einzelner biblischer Ereignisse. Dagegen soll diese Durchdringung den Kirchenbesucher zum betrachtenden Nachlesen der biblischen Texte führen. Die bildnerischen Aussagen vermitteln nicht nur die von uns erfahrene Wirklichkeit, sie sind Hinweise auf die kommende Wirklichkeit aus der Schau des Alten und des Neuen Testaments.

Diese Bilder sind nur Zeichen, sie sind Hilfsprediger."

So weit die Erklärungen von Hans-Helmuth von Rath.

Für die Gemeinde der Versöhnungskirche blieben bei der Kirchweih vor 40 Jahren noch vier Wünsche offen, die nach und nach verwirklicht worden sind:

IMG 2889Der Taufstein, in welchen die bereits vorhandene Taufschale eingefügt werden konnte. Das Material des Taufsteins entspricht dem des Grundsteins und des Altars (Obernkirchner Sandstein). Der rund um die Taufschale eingeschlagene Text lautet:
IM NAMEN DES VATERS DES SOHNES UND DES HEILIGEN GEISTES
Ein Kreuz verbindet das Ende des Textes mit dem Anfang.

Kanzel Die Kanzel ist bis heute ein Provisorium geblieben. Sie ist ein metallenes Lesepult mit einer gestalteten Kupferplatte. Sind dort die Pfingstflammen des Heiligen Geistes dargestellt? Erinnert es an den "brennenden Dornbusch, der Mose die Gegenwart Gottes zeigte? Sind es sieben Blutstropfen für die sieben Kreuzesworte Jesu ("Christi Blut, für dich vergossen")?
Was denken Sie?

 

 

 

LeuchterDer neunarmige Leuchter aus Bronze, der neben dem Taufstein auch als Osterleuchter dienen soll. Seine Gestaltung bezieht sich auf die traditionelle Form des jüdischen Chanukka-Leuchters.

 

 

 


Und schließlich noch die Orgel, als "größter" Wunsch. Die damalige, für den Kirchsaal des Paul-Schneider-Hauses noch passende Orgel ist durch die jetzige klangvolle Orgel ersetzt worden. Die Einweihung fand im Jahr 1999 zum 15-jährigen Kirchweihsonntag statt und verrichtet seit nunmehr 25 Jahren ihren Verkündigungsdienst:

"Osterhalleluja"

 

Die Bilder auf dieser Seite können und wollen nur andeuten. Sehen Sie diese predigenden Bilder und hören Sie den Orgelklang selbst vor Ort und erleben Sie das Gesamtkonzept von Architekt und Künstler. Geht es auf? Wie wirkt es auf Sie? Nur Sie können das beantworten.
Seien Sie herzlich willkommen.